Klare Covid-19-Prozesse und Null betriebliche Ansteckung
Wie Pfizer mit der Softwarelösung Quentic sicheres Arbeiten während der Pandemie gewährleistet
10 Minuten
Während der Arzneimittelhersteller Pfizer gemeinsam mit BioNTech an einem mRNA-Impfstoff zur Vorbeugung einer Infektion durch das Coronavirus forschte, hatte HSE-Spezialist Manuel Senger am Standort Freiburg mit einer ganz anderen Herausforderung zu kämpfen: Wie konnte das Infektionsrisiko am Standort minimiert werden? Hierzu entwickelte er gemeinsam mit der HSE-Abteilung und dem Covid-19-Krisenstab ein Hygienekonzept, um die 1500 Pfizer Mitarbeitenden und 300 Arbeitskräfte aus Fremdfirmen effektiv vor einer Covid-19-Infektion zu schützen.
Best Practice: Was ist der Dreh- und Angelpunkt für pandemiekonformen Arbeitsschutz?
von Manuel Senger
In den ersten Wochen der Pandemie stießen wir schnell auf große organisatorische Herausforderungen: Anrufe und Mailings unserer Mitarbeitenden mit Meldungen und Fragen zu Covid-19 häuften sich. Mir war klar, dass wir die Datenmengen zu Infektionen, Verdachtsfällen und Kontakten nicht sehr lange im Überblick behalten können würden, wenn wir die Erfassung und Weiterverarbeitung nicht digitalisierten.
Am Standort Freiburg wird seit 2014 für sämtliche Angelegenheiten im Arbeitsschutzmanagement die HSE-Softwarelösung Quentic genutzt. Aus diesem Grund wurde direkt zu Anfang der Pandemie geprüft, ob es möglich ist Quentic zur Dokumentation der Covid-19-Fälle am Standort zu nutzen. In einem Pilotprojekt wurden alle notwendigen Prozesse festlegt, mögliche Covid-19-Meldungen in Quentic definiert und in einem kleinen Team die Software für verschiedene Szenarien getestet. Das Ziel war und ist es, dass die Reproduktionszahl (R) innerhalb des Standortes nicht über den Wert Null steigt.
In der ersten Phase der Pandemie war es sehr wichtig, innerhalb kürzester Zeit durch unterschiedliche Maßnahmen ein sicheres Umfeld für die Mitarbeitenden zu schaffen, unter anderem auch durch eine umfangreiche Informationskampagne. Diese und weitere Aufgaben übernahm der Covid-19-Krisenstab. Seit März trifft sich dieser mindestens zwei Mal wöchentlich. Gemeinsam wurden dort neben der Kommunikation folgende Maßnahmen geplant:
Strukturierte Erfassung und Verarbeitung der Covid-19-Meldungen
Aufsetzen von klaren Zuständigkeiten und Prozessen, die auf die Meldungen folgen
Erfassung und Nachverfolgung aller innerbetrieblich und staatlich festgelegten Infektionsschutzmaßnahmen
Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen durch Audits
Bereitstellen einfach zugänglicher Informationen für unsere Mitarbeitenden über die aktuelle Situation unserer Firma
Einbindung der Fremdfirmenmitarbeiter
Nach einer Woche war die Pilotphase erfolgreich abgeschlossen und es ging nun darum, die gesamte Firma mit einzubeziehen. Eine Schlüsselrolle bei der Ausrollung spielten die Führungskräfte, die entsprechend geschult wurden. Quentic ist eine modularisierte Software, das heißt, man kann sich die Anwendung wie ein komplexes Brettspiel vorstellen. Bei Bedarf läuft man bestimmte Stationen an und bekommt diverse Handlungs- und Informationsmöglichkeiten. Die zentrale Station ist das Modul Arbeitssicherheit, in dem viele Handlungen beginnen und über weitere Stationen wieder dorthin zurückführen:
Anstatt zum Telefon zu greifen oder eine E-Mail zu schreiben, melden unsere Mitarbeiter einen Covid-19-Verdacht oder bestätigten Fall sowie andere Informationen zu Infektionsfällen direkt über Quentic. Die Voraussetzungen im System für solche Eingaben sind die vorherige Erstellung von sogenannten „Stammdaten“, also einem Covid-19-Datenkatalog. Dafür hatten wir während der Pilotphase Unsichere Situationen bzw. Personenschäden wie folgt definiert:
Unsichere Situation
Infektionsrisiko Covid-19
Personenschaden
Bestätigte Covid-19-Fälle
Covid-19-Verdachtsfall
Covid-19-Sekundärkontakt
Covid-19-Primärkontakt
Nicht bestätigte Fälle / Corona-App Warnstufe „Rot“
Jeder Mitarbeiter ist entsprechend in die notwendigen Mausklicks eingewiesen und gibt Informationen in ein Formular ein. Dies wird über das eigene Dashboard in der Software geöffnet und der Mitarbeiter beantwortet in einem der Felder die kritischen Fragen, die durch das Gesundheitsamt vorgeschrieben sind, wie z.B. „Wann bestand ein letzter Kontakt zu anderen Mitarbeitenden?“ und „Wann traten erste Symptome auf?“.
Anschließend wählt der Mitarbeiter eine der oben genannten Unterkategorien zu Unsicherer Situation oder Personenschaden aus. Nach der Formulareingabe erfolgt dann die automatische Information an einen ausgewählten E-Mailverteiler, in dem sich z.B. der Betriebsrat und die Mitglieder des COVID-19-Krisenstabs befinden. Aus den Informationen leitet der Covid-19-Krisenstab den Schweregrad ab. Diese Klassifizierung kann im Nachhinein geändert werden, falls aus einem Verdachtsfall ein bestätigter Covid-19-Fall wird.
Covid-19-Prozesse klar definiert und automatisiert
Jede Meldung löst nach der Art ihrer Klassifizierung einen entsprechenden Prozess aus. In Quentic konnten wir die Wenn-Dann-Relation der einzelnen Schritte in einem großen Covid-19-Flowchart darstellen, auf das alle Mitarbeiter Zugriff haben.
Bei einem gemeldeten Sekundärkontakt wird der betroffene Mitarbeitende z. B. nach Hause geschickt und kann sich zum Schnelltest vor Ort bei Pfizer anmelden. Bei einem bestätigten Infektionsfall hingegen käme es sofort zur Nachverfolgung der Infektionskette, Arbeitsplatzdesinfektion und weiteren Maßnahmen.
Ein großer Vorteil eines solchen Flowcharts ist, dass sämtliche Mitarbeiter sehen, was wir alles in Bewegung setzen, damit sie geschützt sind. Das fördert Vertrauen und motiviert, sich einzubringen und entsprechende Meldungen abzugeben. Schließlich ist eins klar: Keine Meldung läuft bei uns ins Leere.
Eine Meldung erzeugt nicht nur eine entsprechende Prozesskette, sondern sie erscheint auch sofort auf dem Quentic-Dashboard. In Echtzeit finden sich dort Statistiken zu den wichtigsten Corona-Kennzahlen, z. B. bestätigte oder vermutete positive Fälle, Sekundärkontakte und Primärkontakte. Auch wenn ein Mitarbeiter auf der Corona-Warn-App die Stufe Rot erhält, kann diese Information über Quentic gemeldet werden und ist auf dem Dashboard ersichtlich. So kann ich als HSE-Fachkraft und eine von mir berechtigte Personengruppe - allen voran die Geschäftsleitung- sowohl den aktuellen Live-Zustand als auch den gesamten bisherigen Verlauf einsehen, also wie viele Mitarbeiter insgesamt an Covid-19 erkrankt waren oder einen Verdachtsfall gemeldet haben.
Die Pandemie erfordert neben der Verfolgung von Mitarbeiter-Meldungen und dem Anstoßen entsprechender Prozesse auch die Erstellung von spezifischen Gefährdungsbeurteilungen zu Covid-19 inklusive der Ableitung und Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen. Über 250 solcher Maßnahmen haben wir bereits in Quentic erstellt, mit einer Deadline versehen und als Aufgabe mit einer oder mehreren verantwortlichen Personen verknüpft. Dazu gehören z. B. die Anschaffung eines Thermoscanners, Antigen-Schnelltests, die Durchführung von Schulungen oder das Aufstellen von Plexiglasabtrennungen. Im Anschluss wurde die jeweilige Wirksamkeitsprüfung durchgeführt.
Wir erzeugen hier neben effektivem Schutz auch eine gerichtsfeste Dokumentation und können per Knopfdruck nachweisen, dass wir uns an den SARS-Cov2-Arbeitsschutzsstandard, sowie an die später erschienene Arbeitsschutzregel gehalten und alle notwendigen Schritte im Arbeitsschutz eingeleitet haben.
Fremdfirmenmitarbeiter unterweisen und Covid-19-Meldungen ermöglichen
Auch unsere 300 Fremdfirmenmitarbeiter sollen Covid-19 bezogene Meldungen in wenigen Schritten abgeben können. Große Fremdfirmen haben dafür einen eigenen Zugang zu Quentic und ihre Mitarbeiter können Meldungen über das Formular selbst eintragen. Bei kleineren Firmen meldet sich der Betroffene bei seinem Auftragsverantwortlichen, der wiederum den Fall via Quentic melden kann.
Zusätzlich haben wir im Rahmen des Besuchermanagements in Quentic für Fremdfirmen Unterweisungsfolien zu Covid-19 hinterlegt. Die Fremdfirmenmitarbeiter können über das Besucherterminal der Software darauf zugreifen. Die Unterweisungen dienen sowohl der Information als auch dem Erwerb einer Qualifikation, die für den Zugang zum Gelände notwendig ist. Am Ende einer solchen Unterweisung gibt es daher einige wichtige Fragen, die wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen, z. B.
Haben Sie derzeit Symptome wie Fieber, Husten oder Halsschmerzen?
Hatten Sie in den letzten 14 Tagen Kontakt zu jemandem, bei dem eine Covid-19-Infektion festgestellt wurde?
Waren Sie in den letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet?
Unser Pförtner kann über Quentic anschließend sehen, ob der Besucher berechtigt ist, das Gelände zu betreten.
Durch Quentics Darstellung und Verknüpfung von Strukturen, Abläufen und Personen, die intuitive Bedienbarkeit der Software aber auch durch das Engagement jedes einzelnen Mitarbeiters konnten mein Team und ich unser Ziel erreichen: Bis heute gibt es NULL innerbetriebliche Ansteckung in unserem Unternehmen.
Pfizer
erforscht und entwickeln neue Therapien und Impfstoffe, um Menschen vor Erkrankungen zu schützen, sie zu heilen oder sie im Leben mit einer schweren Erkrankung zu unterstützen.
Manuel Senger
ist Spezialist für Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Brandschutz bei Pfizer.
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